Die Religion und mein Weltbild:

Nagetiere

Warum Religion?

Mit dreißig Jahren fing ich an die Bibel zu lesen und erschrak. Das Buch war voller Parallelen zu meinem eigenen Leben und der Suche nach Aussöhnung mit selbigem. Wie für mich geschrieben erschienen diese Texte zwar in einer Sprache die mir fremd war aber inhaltlich dennoch prägnant und deutlich genug um zu wissen was gemeint war. Das die Texte so gar nicht mit meinem Weltbild von der Kirche zu tun hatten lag natürlich daran das meine persönlichen Erfahrungen mit gesellschaftlichen Normen durchweg negativ war. Wie Menschen miteinander im Christentum umgehen hat mit Sensibilität und Liebe so gar nichts gemein aber die Bibel wäre nur ein Buch wenn sie nicht auch darauf Antworten hätte. Ich begann also die Bibel in ihrer Sprache und inhaltlichen Form zu deuten und lernte dann erst, dass man dabei von Exegese spricht. Einige wenige Gleichnisse dieser Arbeit habe ich veröffentlicht um zentrale Aussagen der Bibel zu verdeutlichen. Das Christentum so wie ich es verstehe bedarf einer Reformation und ein erlernen vom tiefenpsychologischen Verständnis zu uns selbst. In letzter Konsequenz aber gibt es weder religionslose Menschen noch eine Religionsfreiheit denn es gibt nur einen Schöpfungsakt und somit nur einen Gott.


 

Der Sündenfall:

Adam („Mensch“) und Eva waren nach der biblischen Erzählung im Buch Genesis das erste Menschenpaar und die Stammeltern aller Menschen. Buch Genesis ( Kapitel 2 bis 5)  Als Nebel das Land befeuchtet hatte, konnten Sträucher und Bäume wachsen, da bildete Gott den Adam aus dem Lehm der Ackererde und blies ihm den Lebens-Odem ein. Gott pflanzte dann den Garten Eden, das Paradies, mit den vier Paradiesströmen Geon, Physon, Euphrat und Tigris, mit dem Baum des Lebens und dem Baum der Erkenntnis vom Guten und Bösen. Adam wurde in den Garten gesetzt und erhielt das Gebot, nicht vom Baum der Erkenntnis zu essen. Dann wurden die Tiere erschaffen, und Adam gab ihnen ihre Namen. Nachdem unter den Tieren kein rechter Gefährte für Adam zu finden war, unternahm Gott einen zweiten Versuch: Adam wurde in tiefen Schlaf versetzt, aus einer Rippe wurde Eva erschaffen. Die Geschichte vom Sündenfall. Und die Schlange war listiger denn alle Tiere auf dem Felde, die Gott der HERR gemacht hatte, und sprach zu dem Weibe: Ja, sollte Gott gesagt haben: Ihr sollt nicht essen von den Früchten der Bäume im Garten? Da sprach das Weib zu der Schlange: Wir essen von den Früchten der Bäume im Garten; aber von den Früchten des Baumes mitten im Garten hat Gott gesagt: Esst nicht davon, rührt‘s auch nicht an, dass ihr nicht sterbt. Da sprach die Schlange zum Weibe: Ihr werdet mitnichten des Todes sterben; sondern Gott weiß, dass, welches Tages ihr davon esst, so werden eure Augen aufgetan, und werdet sein wie Gott und wissen, was gut und böse ist. Und das Weib schaute an, dass von dem Baum gut zu essen wäre und dass er lieblich anzusehen und ein lustiger Baum wäre, weil er klug machte; und sie nahm von der Frucht und aß und gab ihrem Mann auch davon, und er aß. Da wurden ihrer beiden Augen aufgetan, und sie wurden gewahr, dass sie nackt waren, und flochten Feigenblätter zusammen und machten sich Schürze. Und sie hörten die Stimme Gottes des HERRN, der im Garten ging, da der Tag kühl geworden war. Und Adam versteckte sich mit seinem Weibe vor dem Angesicht Gottes des HERRN unter die Bäume im Garten. Und Gott der HERR rief Adam und sprach zu ihm: Wo bist du? Und er sprach: Ich hörte deine Stimme im Garten und fürchtete mich; denn ich bin nackt, darum versteckte ich mich. Und er sprach: Wer hat dir‘s gesagt, dass du nackt bist? Hast du nicht gegessen von dem Baum, davon ich dir gebot, du solltest nicht davon essen? Da sprach Adam: Das Weib, das du mir zugesellt hast, gab mir von dem Baum, und ich aß. Die Hermeneutik Die biblische Schöpfungsgeschichte und der Sündenfall sind über Jahrhunderte hinweg als personifizierter Anfang des Menschen verstanden worden. Adam ist unser aller Stammvater und menschlicher Lebensanfang nach religiöser Auffassung, bei manchen Menschen sogar bis in die Neuzeit hinein. Nun wissen wir heute sehr wohl, dass die Evolution anders verlief als überliefert, aber ist die Bibel deshalb zwingend falsch? Aus tiefenpsychologischer Sicht keineswegs, denn hier steht Adam zunächst als Archetypus (griechisch: Urbild) unseres inneren und kollektiven Unbewussten. Betrachtet man Adam folglich als die unpersonifizierte innere Persönlichkeit für den Anfang der gesamten Menschheit und ihre Entwicklungsgeschichte, ist die vorangegangene Erzählung längst nicht mehr so fremdartig, wie sie uns zunächst erscheint. Demnach ist der Mensch in das Paradies (die Erde) geboren mit dem Odem Gottes. Also mit einer Seele Gottes, die der Geschichte nach eine tiefe Affinität zu dem Tierleben hat, aber dennoch ein Eigenleben braucht. Dass Adam und Eva aus einem geschaffen wurden, entspricht zumindest streckenweise der psychologischen Lehre des Animus (lat. „Geist“) und der Anima (lat. „Seele“) C. G. Jungs. Demnach hat die Seele, vereinfacht gesagt, einen unbewussten männlich rationalen geistigen Aspekt und einen weiblich emotionalen. Die Anima wirkt als unbewusste Gefühlsseite des Mannes, und der Animus als unbewusste Geistigkeit der Frau. Genau genommen ist unsere Seele und damit die menschlich wahrnehmbare Empfindungswelt also geschlechtslos und hat, der Erzählung entsprechend, denselben Ursprung. Nach jüdischem Verständnis wird in dieser Passage Eva das sinnliche und Adam das geistige Prinzip, die Vernunft, zugeschrieben. Der Sündenfall selber hingegen erscheint auf den ersten Blick paradox, denn wenn der Mensch in das Paradies geboren wurde mit dem Baum des Lebens und der Erkenntnis von Gut und Böse, warum sollte er dann dessen Früchte nicht genießen dürfen? Wissen sollte den Menschen in seiner Entwicklung ja eher vorwärtsbringen statt bösartig machen und ihn vor dem Unheil schützen statt ihn hineinzuwerfen. Das Verbot Gottes ist aber nicht willkürlich falsch und sinnlos, es muss vielmehr zwingend einen Grund für unsere menschliche Entwicklungsgeschichte haben, eben nicht schadlos mit diesem Wissen leben zu können. Der Sündenfall durch die Überredungskunst der Schlange in der unmittelbaren Nähe der Erkenntnis von Gut und Böse erscheint deshalb zunächst widersinnig. Die Schlange - phallisches Symbol für die Lust auf der einen Seite, der Apfel (fälschlicherweise in der Übersetzung mit dem Bösen gleichgesetzt) - Symbol für die Verführbarkeit und Schwäche des Menschen, die ihn von Gott entfernt. In Anbetracht der Tatsache, dass sich der Mensch nur auf sexuellem Wege fortpflanzt, entsteht hier ein unauflösbarer psychischer Konflikt, mit dem der Mensch nun zurechtkommen muss. Vernünftig und logisch erscheint das nicht, es sei denn, es geht in erster Linie nicht um das Sexualverhalten, sondern um das Lebensverständnis, das aus der Sünde geboren wurde. Die Scham, als unmittelbare Folge des Sündenfalls, und der damit einhergehende Verlust der Unschuld zeigen hier die psychische Veränderung Adams und Evas auf. Der Verlust der seelischen Unschuld im Handeln ist es folglich, den Gott mit der Vertreibung aus dem Paradies bestraft, den Menschen aber ließ er leben. Danach ist der Mensch zwar nicht physisch aus dem Paradies vertrieben, sondern psychisch und damit von seiner Wesensart, wie Gott sie schuf, getrennt, durch ein Verhaltensmuster, das Gott ihm verboten, aber ermöglicht hat. Man kann mit Fug und Recht sagen, dass die Freiheit selbst zum Dilemma wurde, weil das Wissen um Handlungsfreiheit tatsächlich den seelischen Konflikt der Handelnden erst verursachte. Wenn diese psychische Veränderung als psychologischer Ur-Konflikt verstanden wird, sind wir Menschen in unserer großen Masse dem Adam sehr nahe. Nicht dass der Mensch sich in den letzten Jahrhunderten aufgrund dieser Geschichte zu einem sexuell feindlichen Lebewesen entwickelt hätte, sondern weil wir eine Sprache sprechen, die zunächst aus der „Sünde“ geboren wurde, wir folglich Geltungskriterien unterworfen sind, die wiederum der Sprache entsprechen und umgekehrt. Da die Sexualität selbst nicht die Sünde sein kann (es gäbe uns ja nicht ohne sie), liegt es auf der Hand, dass der Verlust an objektiv richtiger Handlungsfolge auch seelischer Verlust bzw. Veränderung und damit sprachliche Verformung gewesen ist. Zum leichteren Verständnis erinnere sich der Leser am besten an seine frühe Kindheit in der er Sorglos und Ungezwungen und vor allem Unvoreingenommen der Welt und seinen Mitmenschen begegnete. Diese Freiheit des Seins als Tugend verstanden kommt dem Zustand des Adam und der Eva wohl recht nahe. Der Sündenfall erklärt uns in letzter Konsequenz, dass die Freiheit, wider Gottes Gebot zu handeln, in die Unfreiheit der Sünde führt. Ist der einzelne Mensch auch frei in seinem Handeln, solange er ohne Bewusstsein von Gut und Böse agiert, so kommt er doch in dem Bewusstsein von Gut und Böse zu dem beschriebenen psychischen Konflikt und einer Über-Ich-Entwicklung wider seines göttlichen Ursprungs. Es erschien mir persönlich schon immer paradox, dass ausgerechnet das, was dem Menschen Freude bereitet (und Sexualität gehört dazu), von unseren Pastoren als Sünde gepredigt wurde. Sünde muss aber von dem Menschen auch als Strafe und nicht etwa als erstrebenswert empfunden werden, sonst verhalten wir uns sicher nie so, wie Gott es will. Aus der beschriebenen psychologischen Sichtweise ist die Sünde aber falsch und keineswegs schön. Die Sünde führt zwangsläufig zu einem psychisch wahrnehmbaren defizitären Erlebnisgehalt und einem veränderten Wahrnehmungsvermögen für die Wirklichkeit. Die Sünde verändert schlicht die subjektiv gefühlte, erlebbare Welt. Das, was Adam und Eva verloren, war ihre unschuldige, unvoreingenommene Erlebnisfähigkeit und damit die Intensität ihrer Lebensfreude, die unmittelbar mit dem Seelenleben verbunden ist. So verstanden, ist die Vertreibung aus dem Garten Eden natürlich eine ungeheuerliche Strafe, auch heute noch, zumindest wenn man weiß, wie man als freier, seelisch heiler Mensch empfinden kann. Da Unschuld und Unwissen genau dieses seelische Moment widerspiegeln, können Sie davon ausgehen, dass das kindlich naive Moment in Ihrem Leben genau durch die Gottesnähe hervorgebracht wurde, in der Sie leben sollen. Fazit: Das Christentum entwickelt aus dem jüdischen Verständnis den Begriff der Erbsünde und begreift Adam als intime Identifikationsfigur des Menschen. Die Geschichte vom Sündenfall hat im Laufe der Jahrhunderte dazu geführt, dass die Kirche mit teilweise brutalen Methoden versucht hat, moralisches Leben zu erzwingen. Vor allem im Katholizismus und im Islam entwickelte sich aus einem völligen Unverständnis gegenüber dem Sündenfall heraus eine falsche Moral, die man wohl nur als Tragödie bezeichnen kann. Heute ist das anderes. Nun verstehen sich die Menschen in der Gesellschaft zwar als Individualisten und sind aufgeklärt und kritisch, aber wenn Adam für den Sündenfall steht, hat eben auch jeder Einzelne seine psychische Erlebnisfähigkeit und die daraus resultierenden Verhaltensmuster zu beurteilen, denn Tatsache ist, dass wir heute im Großen und Ganzen eine Sprache sprechen, die Folge des Lebensverständnisses der beschriebenen Geschichte ist. Heute sündigt man bei jedem Stück Torte oder nennt gar das ganze Lokal „Süße Sünde“. Laszives Unzüchtiges und sexualisiertes Verhalten fördert Konsum und schafft Quote. Wie auch immer, in unserem Sprachgebrauch hat sich die Sünde zu etwas Lustvollem entwickelt. Die Sünde ist nicht nur gesellschaftsfähig, sondern für manchen Zeitgenossen gar Tugend. Triebhaftes Verhalten gilt vielen Menschen als männlich natürlich, und Lust wird konsumiert, wie eben andere oberflächliche Vergnügen auch. Dem Sündenfall entsprechend, kann man aber davon ausgehen, dass gerade ein falsches Verständnis der Sexualität den Menschen in psychische Unfreiheit wirft. Statt Lust am Leben entsteht ein Fluch, der den Menschen vor sich hertreibt und der ihn niemals zur Ruhe kommen lässt. Die Geltungskriterien des bewussten Handelns sind demnach nicht frei und ungezwungen, sondern psychisch fixiert wie bei einer Krankheit. Wie schon erwähnt, führt die Sünde zu einem psychisch wahrnehmbaren defizitären Erlebnisgehalt, also einem Mangel an Intensität im Handeln. Nicht, dass der Mensch im Sado-Maso-Laden kein Erlebnis hätte, nein, so nicht, sondern er hat schlicht eine veränderte Wahrnehmung. Während der eine Mensch ein völlig entspanntes Hier und Jetzt erlebt, sucht der andere gespannt nach einem Kick, von dem er sich so etwas wie psychische und physische Befriedigung erhofft. Letztere baut sich jedoch sehr rasch wieder ab, so dass wahre Befriedigung nie erreicht wird. Adam und Eva als Synonym sollte uns deshalb mehr als nur zu denken geben.

Matthäus 5 - Die Bergpredigt 

Als er aber die Volksmengen sah, stieg er auf den Berg; und als er sich gesetzt hatte, traten seine Jünger zu ihm.

Und er tat seinen Mund auf, lehrte sie und sprach:

Glückselig die Armen im Geiste, denn ihrer ist das Reich der Himmel.

Glückselig die Trauernden, denn sie werden getröstet werden.

Glückselig die Sanftmütigen, denn sie werden das Land ererben.

Glückselig die nach der Gerechtigkeit hungern und dürsten, denn sie werden gesättigt werden.

Glückselig die Barmherzigen, denn ihnen wird Barmherzigkeit widerfahren.

Glückselig die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen.

Glückselig die Friedensstifter, denn sie werden Söhne Gottes heißen.

10

Glückselig die um Gerechtigkeit willen Verfolgten, denn ihrer ist das Reich der Himmel.

11

Glückselig seid ihr, wenn sie euch schmähen und verfolgen und jedes böse Wort lügnerisch wider euch reden werden um meinetwillen.

12

Freuet euch und frohlocket, denn euer Lohn ist groß in den Himmeln; denn also haben sie die Propheten verfolgt, die vor euch waren.

13

Ihr seid das Salz der Erde; wenn aber das Salz kraftlos geworden ist, womit soll es gesalzen werden? Es taugt zu nichts mehr, als hinausgeworfen und von den Menschen zertreten zu werden.

14

Ihr seid das Licht der Welt; eine Stadt, die oben auf einem Berge liegt, kann nicht verborgen sein.

15

Man zündet auch nicht eine Lampe an und setzt sie unter den Scheffel sondern auf das Lampengestell, und sie leuchtet allen, die im Hause sind.

16

Also lasset euer Licht leuchten vor den Menschen, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater, der in den Himmeln ist, verherrlichen.

17

Wähnet nicht, daß ich gekommen sei, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen; ich bin nicht gekommen, aufzulösen, sondern zu erfüllen.

18

Denn wahrlich, ich sage euch: Bis der Himmel und die Erde vergehen, soll auch nicht ein Jota oder ein Strichlein von dem Gesetz vergehen, bis alles geschehen ist.

19

Wer irgend nun eines dieser geringsten Gebote auflöst und also die Menschen lehrt, wird der Geringste heißen im Reiche der Himmel; wer irgend aber sie tut und lehrt, dieser wird groß heißen im Reiche der Himmel.

20

Denn ich sage euch: Wenn nicht eure Gerechtigkeit vorzüglicher ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, so werdet ihr nicht in das Reich der Himmel eingehen.

21

Ihr habt gehört, daß zu den Alten gesagt ist: Du sollst nicht töten; wer aber irgend töten wird, wird dem Gericht verfallen sein.

22

Ich aber sage euch, daß jeder, der seinem Bruder [ohne Grund] zürnt, dem Gericht verfallen sein wird; wer aber irgend zu seinem Bruder sagt: Raka! dem Synedrium verfallen sein wird; wer aber irgend sagt: Du Narr! der Hölle des Feuers verfallen sein wird.

23

Wenn du nun deine Gabe darbringst zu dem Altar und dich daselbst erinnerst, daß dein Bruder etwas wider dich habe,

24

so laß daselbst deine Gabe vor dem Altar und geh zuvor hin, versöhne dich mit deinem Bruder; und dann komm und bringe deine Gabe dar.

25

Willfahre deiner Gegenpartei schnell, während du mit ihr auf dem Wege bist; damit nicht etwa die Gegenpartei dich dem Richter überliefere, und der Richter dich dem Diener überliefere, und du ins Gefängnis geworfen werdest.

26

Wahrlich, ich sage dir: Du wirst nicht von dannen herauskommen, bis du auch den letzten Pfennig bezahlt hast.

27

Ihr habt gehört, daß gesagt ist: Du sollst nicht ehebrechen.

28

Ich aber sage euch, daß jeder, der ein Weib ansieht, ihrer zu begehren, schon Ehebruch mit ihr begangen hat in seinem Herzen.

29

Wenn aber dein rechtes Auge dich ärgert, so reiß es aus und wirf es von dir; denn es ist dir nütze, daß eines deiner Glieder umkomme und nicht dein ganzer Leib in die Hölle geworfen werde.

30

Und wenn deine rechte Hand dich ärgert, so haue sie ab und wirf sie von dir; denn es ist dir nütze, daß eines deiner Glieder umkomme und nicht dein ganzer Leib in die Hölle geworfen werde.

31

Es ist aber gesagt: Wer irgend sein Weib entlassen wird, gebe ihr einen Scheidebrief.

32

Ich aber sage euch: Wer irgend sein Weib entlassen wird, außer auf Grund von Hurerei, macht, daß sie Ehebruch begeht; und wer irgend eine Entlassene heiratet, begeht Ehebruch.

33

Wiederum habt ihr gehört, daß zu den Alten gesagt ist: Du sollst nicht fälschlich schwören, du sollst aber dem Herrn deine Eide erfüllen.

34

Ich aber sage euch: Schwöret überhaupt nicht; weder bei dem Himmel, denn er ist Gottes Thron;

35

noch bei der Erde, denn sie ist seiner Füße Schemel; noch bei Jerusalem, denn sie ist des großen Königs Stadt;

36

noch sollst du bei deinem Haupte schwören, denn du vermagst nicht, ein Haar weiß oder schwarz zu machen.

37

Es sei aber eure Rede: Ja, ja; nein, nein; was aber mehr ist als dieses, ist aus dem Bösen.

38

Ihr habt gehört, daß gesagt ist: Auge um Auge, und Zahn um Zahn.

39

Ich aber sage euch: Widerstehet nicht dem Bösen, sondern wer irgend dich auf deinen rechten Backen schlagen wird, dem biete auch den anderen dar;

40

und dem, der mit dir vor Gericht gehen und deinen Leibrock nehmen will, dem laß auch den Mantel.

41

Und wer irgend dich zwingen wird, eine Meile zu gehen, mit dem geh zwei.

42

Gib dem, der dich bittet, und weise den nicht ab, der von dir borgen will.

43

Ihr habt gehört, daß gesagt ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen.

44

Ich aber sage euch: Liebet eure Feinde, [segnet, die euch fluchen, tut wohl denen, die euch hassen,] und betet für die, die euch [beleidigen und] verfolgen,

45

damit ihr Söhne eures Vaters seid, der in den Himmeln ist; denn er läßt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und läßt regnen über Gerechte und Ungerechte.

46

Denn wenn ihr liebet, die euch lieben, welchen Lohn habt ihr? Tun nicht auch die Zöllner dasselbe?

47

Und wenn ihr eure Brüder allein grüßet, was tut ihr Besonderes? Tun nicht auch die von den Nationen dasselbe?

48

Ihr nun sollt vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist.

Die Bergpredigt gilt zu Recht als die aussagekräftigste zentrale Botschaft des Christentums.  

Eine solche Botschaft bedarf sicher keiner Kommentierung, da sie für sich selbst steht, sie ist jedoch dazu angetan, einen Einblick in die Psyche Jesu zu gewähren. Wenn sich jemand in einer Zeit, in der Kreuzigungen, Verstümmelungen und schlimmste Kriege an der Tagesordnung waren, hinstellt und sagt: „Selig sind die Sanftmütigen, die Barmherzigen und die reinen Herzens sind“, dann muss das für sich schon ein Skandal gewesen sein, denn auch damals haben natürlich nur die etwas gegolten, die Reichtum und (militärische) Macht innehatten. Warum aber hat Jesus die Welt so gesehen und den Menschen mit seinen Aussagen ein anderes Menschsein nicht nur als Zukunftsversion prophezeit, sondern es vielmehr gefordert und unter Androhung der ewigen Hölle befohlen?

Jesus sagt : (17) Wähnet nicht, daß ich gekommen sei, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen; ich bin nicht gekommen, aufzulösen, sondern zu erfüllen.

Diese Aussage deutet unmissverständlich darauf hin, dass es sich bei Jesus als der von Gott gesandte Mensch um die prophezeite Erfüllung des Alten Testaments handelte und dass seine Mission die Erfüllung der Schrift beinhaltete. Wie im Sündenfall Adams und Evas (Genesis, Moses 2) beschrieben, sah Jesus seine Aufgabe zwar in der Auflösung der sündhaften menschlichen Existenz, verstand diese Aufgabe aber als Erfüllung der Schriften nach dem Willen Gottes.

Jesus verkörperte zum einen die (charakteristische) Vollkommenheit der menschlichen Persönlichkeit (48) und liebenswerte Barmherzigkeit in Person und dennoch verbannte er gleichzeitig die unvollkommenen Menschen in die Hölle. Viele Leser mögen das als Widerspruch verstehen, für einen „heiligen“ oder vielmehr „heilen“ Menschen ist das Maß der Dinge aber zunächst die eigene Vollkommenheit der Persönlichkeitseigenschaften , die das Menschsein mit sich bringen muss. Seiner Charakteristik und damit dem Odem Gottes im Menschsein gerecht zu werden ist seine Bestrebung gewesen – alles andere war zweitrangig. Erst mit dem Erreichen dieses Bewusstseinszustandes sieht er die Seele und damit das Gefühl für Barmherzigkeit, Friedfertigkeit und Gerechtigkeit erfüllt. Drastischer als mit den Worten der Bergpredigt kann man wohl kaum zum Ausdruck bringen, was man von einem Menschenbild hält, das diesem Gott gewollten, bestimmten charakteristischen Persönlichkeitseigenschaften nicht standhält.

Was für eine Psyche hat aber ein Mensch, der sagt:

Ich aber sage euch: Widerstehet nicht dem Bösen, sondern wer irgend dich auf deinen rechten Backen schlagen wird, dem biete auch den anderen dar; -

Man kann annehmen, dass Jesus einen Weg beschreitet, der dem bösen Menschen vor allem die Bösartigkeit selbst bewusst machen will. Dies geschieht ganz sicher nicht aus Unterwürfigkeit oder Angst, sondern aus dem Gegenteil heraus. Jesus sah nur den Menschen auf dem richtigen Weg und damit der Hölle entfliehend, der der Angst und Boshaftigkeit entkommt. Jesus sah in dem Bösen selbst schon das Lebensopfer, dem es eben nicht zu strotzen gilt, indem man eigene Boshaftigkeit entgegensetzt, sondern indem man dem Täter bewusst macht, Opfer zu sein. Ein böser Mensch ist aus psychologischer Sicht auch das Opfer seiner eigenen Handlungsweise, da er ja letztlich aus Frustration und Irritation heraus agiert. Einem heilen Menschen spricht der Psychologe, hier Jesus, Bösartigkeit schlichtweg ab. Jesus war, so gesehen, ein seelisch gefestigter Mensch, der Böses schlicht als minderwertig und menschenunwürdig einordnete, dieses aber aufzulösen suchte, um sein Gegenüber aufzurichten, statt zu erniedrigen. Der folgende Satz:

(39) Ich aber sage euch: Liebet eure Feinde, [segnet, die euch fluchen, tut wohl denen, die euch hassen,] und betet für die, die euch [beleidigen und] verfolgen,

unterstreicht dieser kompromisslosen Haltung, die oft irrtümlich als rein altruistischer Akt gepriesen wird. Es handelt sich aber hier um eine Handlungsweise, die keineswegs nur für den anderen gedacht ist und die auf keinen Fall mit sozialer Unterwerfung verwechselt werden darf. Es ist eher der vor Selbstsicherheit strotzende Mensch, der solche Verhaltensweisen an den Tag legt. Aus der Gewissheit heraus, selber im „Recht“ in seiner Handlungsweise zu sein, kann er dem Unrecht mit eigenem Wohlverhalten begegnen. Jesus ließ sich ganz sicher nichts gefallen, aber er musste auch nicht um Dinge streiten, die seinem Denken zuwider waren. Feindschaft gegenüber Menschen kannte er nicht, weil er nur Lebenssituationen sah und bewertete. Territoriale ethnische und religiöse Auseinandersetzungen waren ihm fremd und boten ihm keinen Streitgrund. Vielmehr hatte er den Anspruch, auf dem richtigen Weg zu sein. Frei und unabhängig von Dogmen und zeitabhängigen Geltungskriterien, war ihm der Charakteranspruch des Heiligen wesentlich, und da streitet man eben nicht um, ja was denn auch immer. Auffallend sind auch die Aussagen Jesu über die damaligen religiösen Führer und jüdischen Vordenker. Ganz offensichtlich waren ihm die Handlungsweisen der Pharisäer und Schriftgelehrten (siehe 20) ganz besonders ein Dorn im Auge. Wie erwähnt, verstand er sein oder das menschliche Seelenleben schlechthin als den Hauch Gottes im Menschen. Eine Einordnung in religiöse Strukturen oder ethnische Denkweisen verbietet sich daraus geradezu. Die Volksbräuche und das jüdische Verständnis vom Alten Testament und der religiösen ritualisierten Existenz hielt Jesus sicherlich für Tragik, warum also die immer wiederkehrende Abgrenzung und Beschimpfung der Gelehrten? Ein Affront auch Vers (4), in dem Jesus die geistig Armen preist statt die gebildete Oberschicht der Zeit. Geht man davon aus, dass der gläubige Jude mehrmals am Tag seine Gebete verrichtete, um Gottes Gefallen zu erwerben, und nur nach bestimmten Riten und Regeln lebte, konnte man in ihm sicher einen respektlosen Störenfried sehen. Mit ziemlicher Sicherheit missfiel Jesus jedwedes ritualisierte Handlungsmuster, da einem solchen Verhalten immer die Akzeptanz einer (religiösen) Über-Ich-Entwicklung* vorangeht. Das aber ist es, was Jesus als unnatürliche Deformierung der menschlichen Persönlichkeit ansah. Jemand, der dem Odem Gottes nachgeht, muss die (sinnlose) Unterwerfung durch Kultur und Religionsriten als nahezu blasphemisch empfinden. Für ihn kam die Religionsausübung seiner Umwelt einer Huldigung eines Buches gleich, das man nicht verstand und dessen Inhalt nur die Kaste der Lehrer selbst erhöhen und verherrlichen sollte. Das, was Jesus predigte, war ja das Gegenteil dessen, was gelebt wurde. Liebe, Wohlwollen, Sanftmut und Friedfertigkeit sah man, oder sollte ich sagen sieht man nicht als politische Korrektheit an, sondern hielt oder hält sie bestenfalls für soziale Wunschvorstellungen. Für Jesus aber war dieses Verhalten ein gelebtes Muss für den Menschen, der Gottes Willen und damit seiner Wesensart gerecht werden will. Die Pharisäer und damit die religiöse und politische Meinungsbildung verkörperten demnach einen Widerpart zum Gedankengut Jesu, obgleich das Judentum den Messias, den Erlöser, ankündigte. Eine Tragödie nahm also ihren Lauf, und die überlieferte Aggressivität Jesu ausgerechnet denen gegenüber, die die Inhalte der Bibel verbreiteten, ist wohl dem völligen Unverständnis gegenüber einer derartigen Über-Ich-Entwicklung*, die sich auch noch im Recht wähnte, geschuldet. * Das Über-Ich kann im Strukturmodell von Sigmund Freud der Psyche, vereinfacht als die moralische Instanz oder auch das Anerzogene Gewissen angesehen werden und stellt den Gegenpart für die elementaren Lusttriebe des ES dar. Es wird in der frühen Kindheit gebildet und enthält die (moralischen) Normen und verinnerlichten Wertvorstellungen der kulturellen Umgebung, in der das Individuum auf wächst (insbesondere die der Eltern). Ein Erwachsener der sich mit dem Introjekt der Erziehung nicht auseinandersetzt bleibt deshalb unter Umständen sein Leben lang in diesem Entwicklungsstadium und erlebt die Welt nie als Individualist.


Mein Weltbild entspricht heute dem des Laotse aus dem Jahre 600 vor Christus, das besagt:

Pflicht ohne Liebe macht verdrießlich.
Verantwortung ohne Liebe macht rücksichtslos.
Gerechtigkeit ohne Liebe macht hart.
Wahrheit ohne Liebe macht kritiksüchtig.
Erziehung ohne Liebe macht widerspruchsvoll.
Klugheit ohne Liebe macht gerissen.
Freundlichkeit ohne Liebe macht heuchlerisch.
Ordnung ohne Liebe macht kleinlich.
Sachkenntnis ohne Liebe macht rechthaberisch.
Macht ohne Liebe macht gewalttätig.
Ehre ohne Liebe macht hochmütig.
Besitz ohne Liebe macht geizig.
Glaube ohne Liebe macht fanatisch

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